Ausschnitt aus Kapitel 3

Rogers letzter Traum

»Mein Weg führte mich anschließend an die mexikanische Grenze.

Dort landete ich direkt im Gefängnis.

Schnell fand ich heraus, dass es nur darum ging, dass ich ein entsprechendes Lösegeld zahlte, um die Familien der Grenzpolizisten zu unterstützen.

Nach drei Tagen konnte ich das mit Ratten überfüllte Kellerloch wieder verlassen und meine Reise durch die Welt fortsetzen, bis ich in Indien schließlich pleite war.«

»Und dann hast du dir eine Arbeitsstelle gesucht?«, will ich wissen.

»Zunächst schlief ich in Mumbai hungrig an einem heruntergekommenen Bahnhof unter einem schäbigen Pappkarton, mehr tot als lebendig«, erzählt Roger weiter.

»Ein paar Meter von mir entfernt tat dies seit ein paar Tagen ein weiterer Herr. Er hatte die Decke komplett über sich gezogen.

Als ich schließlich nach ihm schaute, stellte ich fest, dass er tot war.

Tausende Menschen eilten täglich an uns vorbei. Keiner dieser Menschen hatte bemerkt, dass der Mann tot war, nicht einmal ich, obwohl ich quasi sein Nachbar gewesen war.

So wollte ich nicht enden. Deshalb rappelte ich mich auf und irrte zunächst ziellos durch die bunten und überfüllten Straßen.

Ein paar hundert Francs hatte ich eigentlich noch auf dem Konto, aber damals dauerte der Geldtransfer lange. Es konnte Wochen dauern, bis das gewünschte Geld eintreffen würde.

Auf der Straße lernte ich dann einen seltsamen Typen kennen. Er musste verreisen und suchte jemanden, der seine Riesenpython fütterte, die mit ihm in einem Hotelzimmer wohnte. Die Python habe eben gefressen und würde nun schlafen. Erst in zwei Wochen würde sie wieder Hunger bekommen.

Ich nahm diesen Deal an. Bis dahin würde mein Geld hoffentlich da sein und wenn die Python die nächsten zwei Wochen schlief, hatte ich keine Sorgen um mich.

Nun wohnte ich also in einem Hotelzimmer zusammen mit einer Python und verbrachte die meiste Zeit beschäftigungslos in der Lobby.

Hier und da wechselte ich ein paar Worte mit einigen wenigen Menschen. Ich kam dabei ins Gespräch mit einem Investor. Er suchte einen französischen Mitarbeiter, der auch Englisch sprach. Es ging um einfache Jobs in der Immobilienbranche. Besagter Job wurde gut bezahlt und ich schlug ohne nachzudenken ein.

Zunächst erhielt ich per Post oder über einen Boten Aufträge. Diese waren denkbar einfach. Zum Beispiel musste ich eine bestimmte Straßenecke genau aufzeichnen oder in einem Hotel zu einer genauen Uhrzeit dinieren und beobachten, wer das Hotel verließ und wer kam.

Nicht immer gaben die Aufträge Sinn, aber das Geld stimmte.

Die Arbeit wurde mit der Zeit aber immer spezieller, ausgefallener und gefährlicher. Eines Tages musste ich mich als Forscher ausgeben und nach Kambodscha fliegen. In der Wildnis dort sollte ich Wege auskundschaften.

Nach und nach verstand ich schließlich, dass ich nicht für eine boomende Immobilienfirma arbeitete, sondern dass ich ein Spion war.

Ich war CIA-Agent!«